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Die deutsche Rechtschreibung

autor
titel
Die deutsche Rechtschreibung.
untertitel
Abhandlung, Regeln und Wörter­verzeichniß mit etymologischen Angaben. Für die oberen Klassen höherer Lehr­anstalten und zur Selbst­belehrung für Gebildete.
spätere bezeichnung
schleizer duden
verlag
B. G. Teubner
ort
Leipzig
datum
standort
München, Bayerische Staatsbibliothek digital:

Inhaltsverzeichnis

Vorwort.

 

Abhandlung: Zur Orientirung über die orthographische Frage

1

Zweck der Schrift S. 1. Arten der Schrift: Begriffsschrift und Lautschrift S. 2. Wesen der Begriffsschrift S. 3. Wesen der Lautschrift S. 4. Aufgabe derselben, das phonetische Prinzip S. 5. Beschränkung des letzteren durch das historische Prinzip S. 6. Die Schriftsysteme der fremden lebenden Kultur­sprachen S. 6. Vorzüge der englischen Schreibung (des historischen Prinzips) S. 9. Vorzüge der italienischen Schreibung (des phonetischen Prinzips) S. 10. Das phonetische Prinzip im Alt­hochdeutschen und Mittel­hochdeutschen S. 11. Entstehung der neu­hochdeutschen Schriftsprache S. 12. Schreibung derselben in frühster Zeit S. 14. Verwilderung der Rechtschreibung, Verbesserungs­versuche (Schottel, Klopstock) S. 16. Die jetzt übliche Rechtschreibung (Adelung) S. 18. Vorzüge und Mängel derselben S. 20. Welche Mängel sind zunächst zu bekämpfen? S. 24. Verbesserungs­versuche auf Grundlage des historischen Prinzips S. 24. Verbesserungs­vorschläge der phonetischen Schule, letzte und nächste Ziele derselben S. 33. Darlegung der Grundsätze, nach welchen die vorliegenden Regeln nebst Wörter­verzeichniß ausgearbeitet sind S. 37. Behandlung der Fremdwörter S. 38.

 

Regeln.

 

Einleitendes §. 1 u. 2

41

Hauptregel §. 3

Beschränkung derselben §. 4 u. 5

Einteilung der besonderen Regeln §. 6

I. Abschnitt

 

Bezeichnung der Länge und Kürze der Vokale

Allgemeines §. 7–11

42

Besonderes.

 

A. Bezeichnung der Kürze des Vokals §. 12–16

B. Bezeichnung der Länge des Vokals §. 17–28

44

II. Abschnitt

 

Von den Fällen, wo verschiedene Buchstaben zur Bezeichnung desselben Lautes zu Gebote stehen.

 

A. Bei Vokalen §. 29–37

49

B. Bei Konsonanten §. 38–57

52

C. Bei Anwendung großer und kleiner Anfangsbuchstaben §. 58–62

60

D. Bei Fremdwörtern §. 63–71

64

Anhang

 

A. Der Bindestrich §. 72

67

B. Der Apostroph §. 73

68

Wörterverzeichniß

69

Vorwort

Auf dem Gebiete der deutschen Rechtschreibung herrscht augenblicklich ein unerquicklicher und namentlich für die zum Lehren Berufenen unbefriedigende Uebergangszustand. Seitdem man vom Baume der Erkenntniß gegessen hat und auf die Mängel der überlieferten Rechtschreibung aufmerksam geworden ist, hat die harmlose Unbefangenheit im Gebrauche des Alten aufgehört, und doch es gibt es noch kein Neues, das sich an dessen Stelle hätte setzen können. Gewiß ist dieser Zustand zu beklagen, und R. von Raumer überschätzt den Werth einer allgemein­giltigen Schreibweise sicherlich nicht, wenn er sagt*): „Auch eine minder gute Orthographie, wofern nur ganz Deutschland darin übereinstimmt, ist einer voll­kommnern vorzuziehen, wenn diese voll­kommnere auf einen Theil Deutschlands beschränkt bleibt und dadurch eine neue, keineswegs gleichgiltige Spaltung hervorruft.“ Aber es liegt in der Natur der Sache, daß diese gewünschte Ueberein­stimmung nicht leicht und nicht schnell herzustellen ist. Nachdem einmal der Glaube an das Alte geschwunden ist, ist es nicht möglich, einfach zu demselben zurückzukehren. Und das Neue? Es wird des Neuen mancherlei geboten; was ist das Richtige? Und was ist nicht alles erforderlich, damit dasselbe sich Bahn breche und überallhin durchdringe! Handelt es sich doch nicht nur um eine Wahrheit, die auf wissenschaftlichem Wege gefunden und dargelegt werden kann, sondern auch um ein Können, das von jedermann im Volke verlangt wird. Nun sind aber in erster Beziehung die Männer der Wissenschaft noch nicht einmal über den für die Umgestaltung der Rechtschreibung maßgebenden obersten Grundsatz einig; und was den zweiten Punkt betrifft, so leuchtet es ein, wie schwer es sein muß, das Volk, d. h. die ganze Menge derer, welche die Schrift anzuwenden haben, zur Annahme einer Schreibung, die schon durch ihre Fremdartigkeit Mißtrauen erweckt, zu bestimmen. Es kann daher eine völlige Uebereinstimmung jetzt nicht erwartet, sie muß vielmehr erst allmählich angebahnt werden. Dazu ist aber vor allen Dingen erforderlich, daß von den beiden bei der Verbesserung der Rechtschreibung um den Vorrang streitenden Prinzipien, dem phonetischen und dem historischen, eins entschieden den Sieg davontrage. Denn je nachdem aus dem einen oder dem andern der oberste Grundsatz für die Neugestaltung der Rechtschreibung hergeleitet wird, muß diese ein ganz verschiedenes Gewand anlegen. Eine Vermittelung gibt es nicht, und es gilt in dem Kampfe entschieden Partei zu ergreifen.

Insofern es nun für die Behauptung des streitigen Gebietes von großem Werthe ist, nicht nur die vergleichsweise kleine Zahl derjenigen zu gewinnen, denen eine theoretische Erkenntniß des Richtigen am Herzen liegt, sondern vor allem di große Menge derjenigen, welche praktische Regeln für eine unentbehrliche Kunst verlangen, so ist es naturgemäß, daß sich der Kampf nicht auf den wissenschaftlichen Nachweis der Berechtigung des aufgestellten Prinzips beschränkt, sondern vorzugsweisedurch Aufstellung von Regeln geführt wird, für welche man die Zustimmung der Schreibenden und in erster Linie die der Lehrenden zu erlangen trachtet. Die Regeln erscheinen gleichsam als die Früchte, aus denen man den Werth des Baumes, an dem sie gewachsen, auch ohne genauere Kenntniß desselben und seiner Lebensbedingungen ermessen könne. So hat den auch der Verfasser dieses Werkchens, durch das Bedürfniß einer gleichmäßigen Unterweisung in der Rechtschreibung an der seiner Leitung unterstehenden Anstalt zur Teilnahme an dem Kampfe veranlaßt, zunächst in Gestalt von Regeln die Folgerungen aus dem von ihm für richtig erkannten Prinzip gezogen. Diese mit kurzen Erläuterungen versehenen Regeln, abgedruckt im Programm des Schleizer Gymnasiums 1871, erfreuten sich der Zustimmung hervorragender Männer der Wissenschaft und der Schule. Da aber die Brauchbarkeit der Regeln für die Richtigkeit des Prinzips, aus welchem sie geflossen sind, noch keinen ausreichenden Beweis liefert, während doch der dauernde Sieg der erstrebten Reform nicht ohne weit verbreitete Einsicht in die wissenschaftliche Berechtigung derselben zu erwarten ist, so habe ich geglaubt, allen denjenigen, welche, ohne über diesen Gegenstand eingehendere Studien machen zu können, sich doch nicht mit der mechanischen Handhabung und Ueberlieferung einer einmal gelernten Rechtschreibung begnügen dürfen oder mögen – dabei denke ich besonders an reifere Schüler, Lehrer und Freunde der Sprache – die Möglichkeit zu Gewinnung eines eignen Urteils gewähren zu sollen. Demgemäß habe ich in einer den fast unverändert wieder abgedruckten Regeln voraufgeschickten Abhandlung die Streitfragen klar darzulegen und die wissenschaftliche Berechtigung der von mir befolgten Grundsätze nachzuweisen versucht.

Was den 3. Teil des Buches, das Wörter­verzeichniß, betrifft, so geht dasselbe über den Zweck einer bloßen orthographischen Belehrung hinaus. Es gibt nicht nur über die Schreibung solcher Wörter, welche erfahrungsmäßig oft falsch geschrieben werden, Auskunft, sondern es soll zugleich, so weit es der durch den Hauptzweck des Buches vorgeschriebene beschränkte Raum gestatte, die wichtigsten Ergebnisse der Wortforschung, welche jetzt noch als ein der großen Menge der Nichtgelehrten fast unzugänglicher Schatz in den Werken der Meister der historischen Schule, besonders in den großen deutschen und romanischen Wörterbüchern verborgen liegen, weiteren Kreisen zugänglich machen, in denselben die Teilnahme für die geschichtliche Sprach­forschung wecken und zu eignen Beobachtungen und Studien anreizen. Es sind daher auch solche Wörter aufgenommen, welche, ohne orthographische Schwierigkeiten zu bieten, in etymologischer Beziehung oder wegen ihrer Begriffs­entwicklung ein besonderes Interesse gewähren. Für die deutschen Wörter ist, wo sie nachweisbar war, stets die mhd. Form angeführt, die Fremdwörter romanischen Ursprungs sind in der Regel bis auf die lat. und griech., bez. auf die germanische Form verfolgt. Wo die Wortforschung auf celtischen Ursprung führt, habe ich mich begnügen müssen ohne Anführung der celtischen Form auf diese Herkunft hinzuweisen. Ebenso bei fast allen Fremdwörtern, die aus andrer als germanischer, romanischer, bez. lateinischer, und griechischer Quelle fließen.

Einen Abschnitt über Interpunktion den Regeln hinzuzufügen, hielt mich die Erwägung ab, daß dieselbe ohne tieferes Eingehen in die Satzlehre unmöglich genügend behandelt werden kann.

Für die unteren Klassen höherer Unterrichtsanstalten, sowie für Elementarschulen erscheint mit diesem Buche zugleich eine „Anleitung zur Rechtschreibung,“ welche auf 3 Bogen nur Regeln und ein Wörter­verzeichniß enthält.

Die Quellen, aus denen ich geschöpft habe, wird jeder Kundige leicht erkennen, und wenn ich für die beiden ersten Teile der Arbeit als Meister hüben und drüben, von denen ich vorzugsweise gelernt, die Namen Rudolf von Raumer und K. G. Andresen, für den dritten Teil vor allen F. L. K. Weigand, dann M. Heyne und R. Hildebrand, ferner W. Müller und Fr. Zarncke sowie M. Lexer und endlich den Altmeister Fr. Diez ausdrücklich nenne, so geschieht es nur, um den herzlichen Dank, den ich den Werken und zum Teil auch den schriftlichen Mitteilungen dieser verehrten Männer schuldig geworden bin, auch öffentlich auszusprechen. Für die Fremdwörter romanischen Ursprungs habe ich außer Diez auch die Wörterbücher von Scheler und Littré (letzterer stand mir jedoch nur kurze Zeit zur Verfügung), ferner das Glossarium ad scriptores mediae et infimae latinitatis von Dufresne-Ducange, endlich auch Nagels franz.-engl.-etymol. Wörterbuch benutzt.

Das Verhältniß meines Buches zu seinen Vorgängern, insbesondere zu den in manchem Betracht vortrefflichen Büchern von Klaunig-Berndt und Schröer, sowie zu den hannöverischen, würtembergischen und berliner Regeln auseinanderzusetzen, enthalte ich mich. Eine solche Auseinandersetzung wäre ohne eingehende Beurteilung jener Schriften nicht möglich und diese scheint mir hier nicht am Ort sein. Erwähnen will ich nur daß ich mich prinzipieller Uebereinstimmung vorzugsweise mit dem berliner Büchlein, bez. den „Erörterungen“ erfreue. Da schließt natürlich abweichende Ansicht im Einzelnen nicht aus. So erscheinen mir insbesondere die berliner Regeln zu zaghaft in der Anwendung deutscher Buchstaben bei Fremdwörtern. Auch habe ich vergeblich nach dem Prinzip gesucht, nach welchem deutsche und fremde Schreibung angewendet wird. Warum z. B. Vokal, aber Consonant? Warum Affect, aber Projekt? Erscheint Projekt vielleicht mehr eingebürgert als Affect? Warum dann aber Advocat, das doch der völligen Einbürgerung mindestens ebenso nahe steht wie Projekt? Indessen hier, wie fast überall sonst, wo die berliner Regeln, bez. das Wörter­verzeichniß etwas anderes vorschreiben, als ich für dem gegenwärtigen Stand der orthographischen Frage angemessen erachte, handelt es sich nur um die mehr oder minder folgerichtige, mehr oder minder kühne Anwendung desselben Grundsatzes. Jenes Buch geht, wie das meinige, von der Annahme aus, daß aus der hergebrachten Schreibweise die Laute, welche gehört werden und darum auch geschrieben werden müssen, deutlich zu erkennen seien, daß daher eine Verbesserung der Rechtschreibung nur auf eine einfachere, aller Willkür enthobene Schreibung jener Laute ihr Augenmerk zu richten habe. Während indessen die Verfasser jenes zum Gebrauch in allen Schulklassen bestimmten Büchleins sich darauf beschränken, in knappster Form das, was jetzt üblich und gestattet ist, in Regeln zu fassen, den „Erörterungen“ die Begründung und Erläuterung vorbehaltend, habe ich den Versuch gemacht, die Regeln und ihre Begründung nebst Hindeutungen auf den Gang, den die Verbesserung der Rechtschreibung nehmen muß, dem Standpunkt reiferer Schüler in Eins zu verarbeiten. Ich glaube durch Verbreitung der Einsicht in die Mängel dieser Rechtschreibung der allmählichen Abstellung derselben durch die Schule am besten den Weg zu bahnen. Daß wir nämlich niemals durch die Literatur, wie Schröer glaubt, sondern nur durch die Schule zu einer einfacheren Rechtschreibung gelangen werden, ist mir zweifellos; ebenso zweifellos aber auch, daß diese Umgestaltung nicht plötzlich vorgenommen und „konsequent“ durchgeführt werden darf. Lernen erst die Schüler der höheren Lehranstalten und insbesondere die Lehrer der Volksschulen, was das Bessere ist, und warum es das Bessere ist, so wird die konsequente Anwendung mit der Zeit schon nachfolgen. Für jetzt gebietet die Rücksicht auf den bisher allgemeinen Gebrauch eine gewisse Inkonsequenz, z. B. in dem Gebrauch von t statt th. Wer konsequent überall th verbannen wollte, dem verschlösse sich mit Recht die Schule, die sich mit dem Gebrauch des Lebens nicht in Widerspruch setzen darf. Wirksamer glauben wir es zu bekämpfen, wenn wir lehren, daß es zwar eigentlich in allen deutschen Wörtern fallen sollte, mit der Zeit auch wol fallen werde, jetzt aber erst in den und den Wörtern mit t vertauscht werden dürfe, oder auch – in einer Anzahl andrer wie Monat, Heimat – schon vertauscht werden müsse. Derartige Inkonsequenz wird kein billiger Beurteiler meinem Buche als einen Mangel anrechnen; dagegen fehlt es demselben sicherlich nicht an wirklichen Mängeln und Irrtümern. Für deren Mitteilung, geschehe sie brieflich oder durch öffentliche Anzeigen, werde ich jedem dankbar sein, ja ich erlaube mir, insbesondere meine Herren Amtsgenossen, welche das Buch einer genauen Durchsicht würdigen wollen, um solche freundliche Mitteilungen zu ersuchen.

Möge dieses Werkchen, dessen Plan in den Tagen gefaßt wurde, als in der französischen Königsstadt die deutsche Kaiserwürde und mit ihr die politische Einheit Deutschlands geboren ward, vergönnt sein, zu seinem bescheidenen Teile an der Herstellung der Einheit auf dem nur vergleichsweise unwichtigen, aber keineswegs gleichgiltgen Gebiete der Rechtschreibung mitzuwirken. Auch hier gibt es berechtigte Eigentümlichkeiten, die geschont, unberechtigte, die zurückgewiesen, ja auch Absonderungsgelüste, die mit aller Kraft bekämpft und von der Schule fern gehalten werden müssen. Diese Bestrebungen sind um so gefährlicher, als sie von den bedeutendsten Männern ausgehen, deren reine Absicht ebenso wie ihre Gelehrsamkeit über alles Lob erhaben ist. Diese Männer wollen dasselbe wie wir. Aber indem Mittel greifen sie fehl, wenn sie, den Zweck der Schrift außer Acht lassend, durch Einführung historischer Schreibung eine tiefergehende Kenntniß der Muttersprache glauben erzielen zu können und zu sollen. Diese kann nur die Frucht ernster Studien sein und ist nicht für jedermann. Die Schrift aber ist für jedermann; sie darf daher nicht durch Rücksichten erschwert werden, welche außerhalb ihres Zweckes liegen und nur einer vergleichsweise kleinen Zahl derer, die sich ihrer bedienen, zu gute kommen.

Schleiz, den 2. September 1872.
Konrad Duden.

*) R. von Raumer „Gesammelte sprachwissenschaftl. Schriften.“ Frkft. a/M. 1863. S. 138.

Auszug: C. Große und kleine Anfangsbuchstaben

§. 58. In den deutschen Hand­schriften des Mittel­alters und noch in den gedruckten Schriften des 15. Jahrhunderts bestand derselbe Brauch wie in den lateinischen und griechischen: nur das erste Wort des Satzes bez. der Reihe und der Eigenname wurde mit großen Anfangs­buchstaben geschrieben, so daß das Auge beim Ueberblicken der Schrift leicht und schnell den Beginn der Sätze und die Eigennamen herausfand. Erst zu Anfang des 16. Jahrhunderts wurde der große Anfangs­buchstabe zur Hervor­hebung ver­schiedener Wörter, nicht bloß von Substantiven, mitten im Satz verwendet. Anfangs wurden einzelne, zunächst wol nur wichtiger erscheinende Wörter, dann gewisse Klassen von Substantiven, dann alle Substantiva groß geschrieben. Die Zunahme des Gebrauchs ist z. B. bei Luther zu verfolgen. Während in seinen frühern Schriften der große Anfangs­buchstabe sehr selten begegnet und keineswegs nur bei Substantiven – vgl. z. B. den Brief an den Eren­vesten Harttmuot von Cronberg und H.’s antwurtt“ aus 1522 in Wacker­nagel III, 1. p. 150 ff. – schreibt er in seinen legten Schriften fast alle Substantiva groß, und zu Ende des Jahrhunderts scheint das jetzt geltende Gesetz schon maßgebend zu sein.

§. 59. Wenn der Gebrauch der großen Anfangsbuchstaben von Haus aus keinen andern Zweck hatte und haben konnte, als die Aufmerksamkeit auf ein vor andern beachtens­werthes Wort hinzulenken, es vor denselben hervorzuheben, so leuchtet ein, daß die jetzige Verwendung derselben zweckwidrig ist. Sie ist vielmehr, gerade so wie die unglückliche Bezeichnung des Substantivs durch „Hauptwort“, geeignet, zu der irrigen Annahme zu verleiten, als habe das Substantiv in irgend einer Weise einen Vorrang vor den übrigen Wörtern im Satze zu beanspruchen.

§. 60. Die Verwendung großer Anfangsbuchstaben für die Substantiva und für alle Wörter, welche substantivische Geltung annehmen, ist aber jetzt so allgemein, daß sie nicht mit einem Schlage abgeschafft werden kann. Die Verbesserung der Rechtschreibung hat daher auch auf diesem Gebiete vorzugsweise die Fälle ins Auge zu fassen, in denen keine allgemeine Ueber­einstimmung besteht, um zunächst hier das Einfachere zur Geltung zu bringen.